Partizipation

 

Partizipation - was bedeutet das?

 

Schlägt man in einem üblichen  Lexikon nach, so findet man über den Begriff eine eher dürftige Definition die, abgeleitet aus dem Lateinischen,  Partizipation als Beteiligung an gemeinsamen Angelegenheit beschreibt.

Im Fachlexikon der Sozialen Arbeit wir der Begriff im Bezug zur Sozialarbeit natürlich wesentlich ausführlicher erklärt.

Partizipation ist ein Begriff, der in den Sozialwissenschaften , hier besonders der Demokratie- Theorie, eine große  Bedeutung besitzt und für jede Form der Beteiligung steht. Partizipation findet in vielen Bereichen des täglichen Lebens statt.

Partizipation steht in Verbindung mit Prozessen der Demokratisierung und der Emanzipation. Sie steht teils als Ziel eines gesellschaftlichen Entwicklungsprozesses.

Auch in vielen Aufgabenfeldern der sozialen Arbeit ist Partizipation ein wichtiger Begriff, welcher nach meinem Verständnis die Demokratie im Alltag der sozialen Arbeit für alle Beteiligten fördern soll. Der Begriff und die damit verbundene Praxis sollen dem Klienten die Aufgabe des Sozialarbeiters etwas verdeutlichen und beiden die Möglichkeit einräumen an dem Prozess „Sozialarbeit“ aktiv beteiligt zu sein.

Partizipation steht für Teilnahme und Mitbestimmung, ob nun in der Familie, der Schule oder der Gemeinde - Partizipation hat überall die gleiche Bedeutung. Ein Problem oder ein Vorhaben gemeinsam mit anderen anzugehen und zu lösen bzw. zu erfüllen.

 

Partizipation ist seit Ende der 80iger Jahre auch in der Kinderpolitik ein wichtiges Thema, welches zur Folge hatte, dass in den letzten zwei Jahrzehnten viele Kinderbeauftragte und Kinderbüros eingerichtet wurden. Neue Formen gesellschaftlicher Beteiligung von Kindern und Jugendlichen haben in den letzten Jahren erhöhte öffentliche Aufmerksamkeit gefunden. Mit der Einrichtung von Kinder- und Jugendparlamenten, Kinderforen, Projekten wie Stadtteilerkundungen und Zukunftswerkstätten sind insbesondere auf kommunaler Ebene verstärkte Bemühungen zu erkennen, Kindern und Jugendlichen Möglichkeiten zur Interessenartikulation und Beteiligung an Planungsprozessen anzubieten. In der verwirrenden Vielfalt der Beteiligungsformen den Überblick zu behalten und das geeignete Modell für den jeweiligen Kontext zu finden, gestaltet sich für die Praxis oft schwierig. Eine wissenschaftlich fundierte Evaluation der neuen Beteiligungsmodelle liegt bisher leider kaum vor.

Kinder und Jugendlichen müssen heute an politischen und gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen in geeigneter Form beteiligt werden. Die stärkere Berücksichtigung der Interessen von Kindern und Jugendlichen ist eine gesellschaftliche Aufgabe und Notwendigkeit, deren sich die verschiedensten politischen Ebenen immer mehr bewusst werden. So spiegelt sich dieser gesellschaftliche Auftrag zunehmend auch in den unterschiedlichsten Gesetzen wieder.

 

UN-Kinderrechtskonvention

Artikel 12

(1)Die Vertragsstaaten sichern dem Kind, das fähig ist, sich eine eigene Meinung zu bilden, das Recht zu, diese Meinung in allen, das Kinder berührenden Angelegenheiten frei zu äußern, und berücksichtigen die Meinung des Kindes angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife.”

(2) Zu diesem Zweck wird dem Kind insbesondere Gelegenheit gegeben, in allen das Kind berührenden Gerichts- oder Verwaltungsverfahren entweder unmittelbar oder durch einen Vertreter oder eine geeignete Stelle im Einklang mit den innerstaatlichen Verfahrensvorschriften gehört zu werden.

 Artikel 13

(1) Das Kind hat das Recht auf freie Meinungsäußerung, dieses Recht schließt die Freiheit ein, ungeachtet der Staatsgrenzen Informationen und Gedankengut jeder Art in Wort, Schrift oder Druck, durch Kunstwerke oder andere vom Kind gewählte Mittel sich zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben.

 

Kinder- und Jugendhilfegesetz 

§ 8, Beteiligung von Kindern und Jugendlichen

(1) Kinder und Jugendliche sind entsprechend ihrem Entwicklungsstand an allen sie betreffenden Entscheidungen der öffentlichen Jugendhilfe zu beteiligen. Sie sind in geeigneter Weise auf ihre Rechte im Verwaltungsverfahren sowie im Verfahren vor dem Vormundschaftsgericht und dem Verwaltungsgericht hinzuweisen.

(2) Kinder und Jugendliche haben das Recht, sich in allen Angelegenheiten der Erziehung und Entwicklung an das Jugendamt zu wenden.

(3) Kinder und Jugendliche können ohne Kenntnis der Personen-sorgeberechtigten beraten werden, wenn die Beratung aufgrund einer Not- und Konfliktlage erforderlich ist und solange durch die Mitteilung an den Personensorgeberechtigten der Beratungszweck vereitelt wird.

 

§ 80, Jugendhilfeplanung

(1) die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben im Rahmen ihrer Planungsverantwortung

1. den Bestand an Einrichtungen und Diensten festzustellen,

2. den Bedarf unter Berücksichtigung der Wünsche, Bedürfnisse und Interessen der jungen Menschen und der Personensorge-berechtigten für einen mittelfristigen Zeitraum zu ermitteln und

3. die zur Befriedigung des Bedarfs notwendigen Vorhaben rechtzeitig und ausreichend zu planen; dabei ist Vorsorge zu treffen, daß auch ein unvorhergesehener Bedarf befriedigt werden kann.

 

Kommunalrecht (Rheinland-Pfalz)

§ 16 c GemO (bzw. § 11 c LKO), "Beteiligung von Kindern und Jugendlichen"

Die Gemeinde (Der Landkreis) soll bei Planungen und Vorhaben, die die Interessen von Kindern und Jugendlichen berühren, diese in angemessener Weise beteiligen. Hierzu soll die Gemeinde (der Landkreis)über die in diesem Gesetz vorgesehenen Beteiligung der Einwohner hinaus geeignete Verfahren entwickeln und durchführen.

§ 46 b GemO(Bzw. § 40 b LKO), "Kinder- und/oder Jugendvertretung"

(1) in einer Gemeinde (einem Landkreis) kann auf Grund einer Satzung eine Jugendvertretung eingerichtet werden. In der Satzung ist im Rahmen der Selbstverwaltungsangelegenheiten der Gemeinde (des Landkreises) das Nähere über die Jugendvertretung, insbesondere über deren Aufgaben, der Bildung, ihre Mitglieder und der Vorsitz zu regeln.

Soweit der Gemeinderat (der Kreistag) nichts anderes bestimmt, gelten für die Jugendvertretung die Bestimmungen der Geschäftsordnung des Gemeinderats (des Kreistags) entsprechend.

Soweit einige Gesetzesbeispiele.

 

Partizipation meint also, einfach ausgedrückt, nicht mehr oder weniger als „Teilhabe“ an einem bestimmten Vorhaben. In wie fern die Beteiligung stattfindet ist hierbei nicht deutlich unterschieden! Die Teilhabe kann sich erstrecken über aktiv und passiv, bewusst oder unbewusst, bis hin zu autonom oder fremdbestimmt.

 

Inwiefern Partizipation des Einzelnen möglich soll durch die folgenden neun Stufen der Beteiligung (nach Roger Hart(1992) & Wolfgang Gernert(1993)) verdeutlicht werden:

 

1. Fremdbestimmung

( Manipulation ) Kinder und Jugendliche haben keine Kenntnisse über Ziel und Absicht eines Projektes und verstehen somit die Aktion nicht.

2. Dekoration

Kinder und Jugendliche wirken auf einer Veranstaltung mit, ohne genau zu wissen, worum es eigentlich geht.

3. Alibi -Teilnahme

Kinder und Jugendliche nehmen an Konferenzen teil, haben aber nur scheinbar eine Stimme.

4. Teilhabe

Kinder und Jugendliche können ein gewisses sporadisches Engagement der Beteiligung zeigen.

5. Zugewiesen, aber informiert

Ein Projekt ist von Erwachsenen vorbereitet, die Kinder und Jugendlichen sind jedoch gut informiert, verstehen, worum es geht, und wissen, was sie bewirken wollen.

6. Mitwirkung

Indirekte Einflussnahme durch Interviews oder Fragebögen. Bei der konkreten Planung und Umsetzung einer Maßnahme haben die Kinder und Jugendlichen jedoch keine Entscheidungskraft.

7. Mitbestimmung

Beteiligungsrecht, das Kinder und Jugendliche tatsächlich bei Entscheidungen einbezieht. Die Idee des Projektes kommt von Erwachsenen, alle Entscheidungen werden aber gemeinsam und demokratisch mit den Kindern und Jugendlichen getroffen.

8. Selbstbestimmung

Projekt wird von den Kindern und Jugendlichen initiiert. Eigeninitiative, die von engagierten Erwachsenen unterstützt und gefördert wird. Die Entscheidungen treffen die Kinder und Jugendlichen, die Erwachsenen werden evtl. beteiligt, tragen die Entscheidungen aber mit.  

9. Selbstverwaltung

Selbstorganisation. Die Kinder und Jugendlichen haben dabei völlige Entscheidungsfreiheit über das Ob und Wie eines Angebotes. Entscheidungen werden den Erwachsenen lediglich mitgeteilt.

 

Anhand dieser Stufenskala verdeutlichen sich die Schwierigkeiten wenn man vom Thema Partizipation spricht – wo beginnt sie?

In der Praxis hängt es wohl eher vom Engagement des einzelnen Sozialarbeiter ab, in wie weit Partizipation in der Praxis umgesetzt und angewandt wird, denn die ersten sechs Stufen dieser Skala können meiner Erachtens nicht mit dem Grundgedanken der Partizipation verglichen werden.

Nach all den Infos die ich durch die Recherche zu diesem Text gelesen habe, ist mir klar geworden, dass mein Praxisleiter und Jugendpfleger der Ortsgemeinde  Urmitz den Gedanken der Partizipation nicht nur in dem Modellprojekt „Örms2000“ umsetzt, sonder täglich in der Praxis.

Zum Abschluss möchte ich noch ein Zitat anführen, welches mir im Internet begegnete, dessen Quelle mir jedoch nur als „Schröder“ (...) bekannt ist:

„Partzipation heißt, , Entscheidungen, die das eigene Leben und das Leben der Gemeinschaft betreffen, zu teilen und gemeinsame Lösungen für Probleme zu finden. Kinder sind dabei nicht kreativer, demokratischer oder offener als Erwachsene, sie sind nur anders, und bringen aus diesem Grunde andere, neue Aspekte und Perspektiven in die Entscheidungsprozesse hinein. (...)“